Profanierung Kapelle Krankenhaus
Profanierung Kapelle Kreiskrankenhaus Ochsenhausen

Wenn eine Kirche – oder ein anderer heiliger Ort – Weihe oder Segnung verliert, geschieht durch diese Profanierung das Gegenteil der (Kirch-)Weihe. Angeordnet wird eine solche Entwidmung durch ein Dekret des Diözesanbischofs, das im Allgemeinen in einem letzten Gottesdienst verlesen und damit wirksam wird. Damit wird dann das Gotteshaus dauerhaft profanem Gebrauch überlassen.
Das kirchliche Gesetzbuch, der „Codex Iuris Canonici“ (CIC), beschreibt diese Verweltlichung von ursprünglich Heiligem: So muss im Abschiedsgottesdienst – dem (nach Möglichkeit) der Ortsbischof vorstehen sollte – das Allerheiligste aus der Kirche getragen und das Ewige Licht gelöscht werden. Die Reliquien sind aus dem Altar zu entnehmen und alle liturgischen Geräte und Einrichtungsgegenstände (von Altar über Ambo, Tabernakel, Beichtstuhl etc.) müssen aus dem Gebäude entfernt und „an einem würdigen Ort aufbewahrt“ werden. Sie können aber auch an einem anderen Ort ihrer Bestimmung gemäß weiter verwendet werden.
Aus der Ansprache von Pfarrer Schwarz am 27.4.2022
…eine Kirche ist mehr als nur ein bloßes Gebäude in dem man sich versammelt, um gottesdienstliche Handlungen vorzunehmen. Kirchen sind “Zeichen und Symbole überirdischer Wirklichkeit”- So werden sie von der Deutschen Bischofskonferenz zum Beispiel als „Orte des Heiligen“(…) bezeichnet. Ein Kirchengebäude ist also immer wesentlich vielschichtiger. Diese Vielschichtigkeit kommt besonders dann zum Ausdruck, wenn eine Gemeinde ihr Kirchengebäude verlieren soll, resp. verliert. Denn damit geht ein sog. Kristallisationspunkt der Gemeinde verloren. So auch mit der Kapelle in der ehemaligen Kreisklinik Ochsenhausen.
Hier wird bald geschlossen – die Kapelle in der Kreisklinik Ochsenhausen gehört dann der Vergangenheit an und wird zu einem Teil der Geschichte dieses ehrenwerten Hauses, mit dem so viele Erinnerungen verbunden sind – Menschen, die das Lichte der Welt erblickt haben, Menschen, denen mit Heilkunst und Pflege geholfen wurde, Menschen, die ihren Weg zurück in Gottes Hände angetreten sind – begleitet durch die Seelsorger der Ochsenhausener christlichen Gemeinden zu jeder Tages und Nachtzeit und auch – nicht vergessen durch die Seelsorgerinnen ,Sr. Lidwigis und Sr. Sylvana.
Jeden Freitag übergab mir Herr König an der Pforte die Liste mit den evangelischen Patienten ( bevor der Datenschutz dies dann nicht mehr zuließ) und wir hatten es sogar gemeinsam geschafft einen Aussegnungsraum für Verstorbene notdürftig einzurichten.
Auf der Hälfte des sog. ökumenischen Wegles, das die beiden Pfarrämterin Ochsenhausen miteinander verbindet, steht ein Verteilerkasten. Ein Ochsenhausener Handwerker, Herr Sproll, hat mir vor vielen Jahren anvertraut: Herr Pfarrer, wenn sich einmal niemand mehr erinnern sollte – hier an dieser Stelle verläuft das Kabel für die Übertragung der Gottesdienste aus dem ev. Gemeindezentrum und aus der benachbarten Herz – Jesu- Kapelle in die Kreisklinik. Und so war es. Viele Jahre noch ( vor 20 Jahren ) verfolgten Patientinnen und Patienten am Hörkissen auf Schalterstellung 3 den Gottesdienst. Am Sonntagnachmittag, wenn Besuch kam, standen sie miteinander am Fenster und winkten herunter, wenn sie die Pfarrfamilie im Garten Kaffee trinken sahen. Oder: ich habe Sie und ihren Hund im Garten gesehen. Schnell konnte man vor Ort sein, wenn man als Pfarrer gerufen wurde – die ältere Dame, die vor lauter Aufregung über die vielen Vorbereitungen zum 90 Geburtstag des Ehemannes selber wegen Kreislaufschwäche stationär aufgenommen wurde. Aber auch traurige Anlässe, wenn der Lebenspartner seine Gefährtin nach 48 Jahren verlor und die ganze Nacht am Bett noch gewacht hatte – der erste Weg am Morgen führte zum Pfarramt – da stand der Pfarrer mit der gepackten Schultasche und musste sich dann hinterher noch rechtfertigen, den armen Menschen nicht abgewiesen zu haben, sondern, dass er sich erst einmal um dessen Seele sorgte.
Ja, wir machen noch einmal diesen Verteilerkasten auf und hören auf die Übertragung aus dem Jahr 54 in Korinth. Die Gemeinde ist schon versammelt. Es wird gerade ein Brief verlesen. Hören wir ´rein.
1. Kor. 3, 5-15:
9 Denn wir sind Gottes Mitarbeiter; ihr seid Gottes Ackerfeld und Gottes, Bau.
10 Ich nach Gottes Gnade, die mir gegeben ist, habe den Grund gelegt als ein weiser Baumeister; ein anderer baut darauf. Ein jeder aber sehe zu, wie er darauf baut.
11 Einen andern Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.
16 Wisset ihr nicht, daß ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? Wenn jemand den Tempel Gottes verdirbt, den wird Gott verderben; denn der Tempel Gottes ist heilig; der seid ihr.
Der Apostel Paulus vergleicht die zuhörende Gemeinde – also auch uns, die wir gerade dazu gekommen sind – mit der Arbeit an einem Bau. Der Grund des Baus ist Jesus Christus. Nun geht es um die Errichtung des Baus auf diesem Grund. Dazu sind wir aufgerufen.
Gott schätzt, liebt die Gemeinde. Wo Gott, wo Jesus Christus zu treffen ist, hat er uns mitgeteilt, und zwar öffentlich, nämlich in der Bibel: „Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen“ (Mt. 18,20). „In seinem Namen“ versammelt sind…
Vielleicht wird es dann so sein, dass wir uns dereinst wie damals in Privathäusern treffen werden. Oder in einem Krankenzimmer…..auch da will Gott unter den Menschen sein.
„Wisset ihr nicht, daß ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? Wenn jemand den Tempel Gottes verdirbt, den wird Gott verderben, denn der Tempel Gottes ist heilig; der seid ihr.“
Wenn das wahr ist, dass wir und dass ihr Gottes Tempel seid – das Heiligtum, der heilige Ort der Zuflucht, des Gebets und der Gabe, dann gibt es Tempel, Heiligtümer, heilige Orte auf der ganzen Welt.
Ein Tempel, an dem Gott selbst baut nach seinem Plan, den nur Gott kennt. Ein Tempel, nicht aus Stein und Eisen, sondern aus lebendigen, aus freien, aus selbstbewussten Wesen. Ein Tempel, der nicht an einem wohlbestimmten Orte steht, sondern der sich in der Zeit und in der Geschichte bewegt, der groß und weit wird und viele Einzelne zu einem Ganzen integriert. Nicht durch eine großartige physikalische Statik zusammengehalten, sondern durch die Gemeinschaft lebendiger, freier, selbstbewusster und sich selbst bestimmender Wesen.
Wie kommt diese Gemeinschaft lebendiger, freier, selbstbewusster und sich selbst bestimmender Wesen zustande? Warum ist es so wichtig, dass es sie gibt? Wie wirkt sie sich im Alltag unseres Lebens aus? Wenn diese Fragen unsere Fragen sind, wenn wir die Antwort auf diese Fragen suchen wollen und wissen wollen, wenn wir einer Richtung unseres Lebens bedürftig sind, dann sind wir auf dem Wege, die Bedeutung dieses geheimnisvollen Bildes und dieses tiefen Grundgedankens zu verstehen.